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"Zweites Untergeschoss. Ein Forschungspodcast zur Herkunft von Büchern" der SLUB Dresden startet

Zum Internationalen Holocaust Gedenktag am 27. Januar 2025, der an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert, veröffentlichen wir die erste Folge des Forschungspodcasts "Zweites Untergeschoss". In insgesamt drei Teilen spricht Stella Philipp (SLUB Dresden) mit Kolleg:innen der SLUB Dresden und weiteren Gästen über Bücher, die im Nationalsozialismus geraubt worden sind.

80 Jahre nach dem Ende des Zeiten Weltkrieges sind die Verbrechen der Nationalsozialisten noch nicht vollends aufgearbeitet. In der SLUB Dresden finden wir noch heute Bücher, die ihren rechtmäßigen Eigentümer:innen geraubt wurden und die danach in den Bibliotheksbestand gelangt sind. Seit mehr als 15 Jahren wird an der SLUB Dresden in Projekten zur Herkunft und den Erwerbungsumständen jener Bücher geforscht. 

Etwa ein Jahr lang haben das Team Provenienzforschung der SLUB Dresden und Stella Philipp an dem dreiteiligen Podcast “Zweites Untergeschoss” gearbeitet, der über diese Umstände aufklären will. Die Reihe erzählt von Büchern und Handschriften in der SLUB Dresden, die aus jüdischem Vorbesitz stammen und stellvertretend für Millionen im Nationalsozialismus geraubte Objekte stehen. Der Podcast zeigt, wie Bücher zu materiellen Zeitzeugen werden, mit denen sich die Geschichte ihrer ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer erzählen lässt. In bisher 36 Fällen konnten mehr als 890 Bücher und Handschriften an die Rechtsnachfolger:innen restituiert werden.

Anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages erscheint heute die erste Folge. Stella Philipp und die Provenienzforscherin Elisabeth Geldmacher sprechen darüber, wie Provenienzforschung (von provenire = Herkunft) überhaupt funktioniert und wie der Alltag der Forschenden aussieht. Gemeinsam gehen sie in die Magazine der SLUB Dresden im zweiten Untergeschoss, in denen hunderttausende Bücher und Handschriften aufbewahrt werden.

Welche ersten Schritte Provenienzforscher:innen unternehmen, erfährt Stella Philipp von Toni Hanel, Katrin Mai und Freia Mittasch, die als wissenschaftliche Hilfskräfte das Projekt unterstützen.

Außerdem erzählt Elisabeth Geldmacher von der Geschichte eines Buches aus dem Eigentum von Max Geyer, der 1939 aus Dresden in die USA emigrieren musste. Was verraten dessen jugendliche Handschrift und weitere Besitzspuren über das Schicksal der Familie Geyer? Welchen Weg hat das Buch genommen, bevor es in die Bibliothek gelangt ist? Und wie ist die SLUB Dresden mit dem Buch von Max Geyer umgegangen, als sich herausstellte, dass sein Eigentümer während der NS-Zeit als Jude verfolgt wurde? Diese Fragen beleuchtet die erste Folge "Gefunden!". 

In der zweiten Folge “Vergessen?”, die Mitte Februar erscheint, geht es um die Frage, warum es so wichtig ist, an den Nationalsozialismus zu erinnern. Wir erzählen die Geschichte des Sammlers Beno Kaufmann, der 1942 im KZ Theresienstadt ermordet wurde. Ohne seine Sammlung wäre Beno Kaufmann heute vergessen. Stella Philipp spricht mit Nadine Kulbe und Thomas Stern von der SLUB Dresden sowie mit Gabriele Atanassow vom Arbeitskreis des Dresdner Gedenkbuchs für die ermordeten Jüdinnen und Juden.

Die dritte Folge "Geräuschlos!?", die wir im März 2025 veröffentlichen werden, erzählt vom Raub und dem Wiederfinden von Büchern der Jüdischen Gemeinden Hamburg und Dresden. Stella Philipp spricht mit Olivia Kaiser und Jana Kocourek von der SLUB Dresden über die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen der Provenienzforschung zu Unrechtskontexten. Welchen Nachhall haben die bisherigen Provenienzprojekte der SLUB Dresden erzeugt? Warum braucht es Fördergelder, um Projekte durchzuführen, in denen die kritischen Erwerbungsumstände von Büchern aufgrund des nationalsozialistischen Bücherraubs überprüft werden? Ist die Forschung zur Herkunft von Büchern und Kulturgütern nicht eine Standardaufgabe von Gedächtnisinstitutionen wie Museen, Archiven und Bibliotheken? 

"Zweites Untergeschoss. Ein Forschungspodcast zur Herkunft von Büchern" ist in der Mediathek der SLUB Dresden erschienen. 

Zu hören ist er außerdem bei Spotify & Apple Podcasts.

Das Projekt „NS-Raubgut in der SLUB. Bestände der Universitätsbibliothek Dresden“ wird von der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste von Herbst 2021 bis Herbst 2025 gefördert. Dieser Beitrag wurde am 27. Januar 2025 im SLUBlog veröffentlicht.

Provenienzforschung