Ein Sachse als Vorbild für Schillers „Die Räuber“? Nicht unwahrscheinlich, dass der Dichter Motive aus der Biografie Nickel Lists für sein berühmtes Drama verwendet hat.
Mitte des 17. Jahrhunderts in Waldenburg aufgewachsen, ist die Biografie Lists umrankt von zahlreichen Geschichten, deren Wahrheitsgehalt nicht immer überprüfbar ist. Sicher nahm er 1681 am Großen Türkenkrieg als kursächsischer Kürassier teil. Belegbar ist auch, dass er 1691 den Gasthof „Grüne Tanne“ in Raum bei Hartenstein im Erzgebirge pachtete. Seitdem erwarb er sich rasch einen zweifelhaften Ruf und wurde in der Folge mehrerer Verbrechen beschuldigt, doch konnte er die Vorwürfe mit seinem hohen Bildungsgrad und guten Ruf entkräftigen. Erst 1696 führten ein Raub und die Ermordung zweier Gerichtsschöppen zur Ächtung Lists, der außer Landes floh. In den folgenden zwei Jahren reiste er umher, trat als weltgewandter Adeliger mit eigenem Hofstaat auf und beteiligte sich an verschiedenen Raubzügen in Nord- und Mitteldeutschland, von denen der Raub des Schatzes der Goldenen Tafel aus der Michaeliskirche in Lüneburg im März 1698 wohl zu den spektakulärsten und bekanntesten seiner Zeit gehörte. Seine Räuberkarriere währte jedoch nicht lange: Wenig später wurde er im Juni 1698 nahe Greiz festgenommen und im Mai des Folgejahres in Celle hingerichtet.
Da das Leben Nickel Lists bereits unmittelbar nach seiner Hinrichtung durch den Gefängnisseelsorger – mit zahlreichen Geschichten angereichert – publiziert wurde, kam es frühzeitig zu einer Legendenbildung, der sich auch Friedrich Schiller nicht entziehen konnte, so dass er Teile davon in seinem Drama „Die Räuber“ verarbeitete.
Anlässlich seines 325. Todestages erinnert die Sächsische Biografie an eine der bekanntesten Räubergestalten der frühneuzeitlichen sächsischen Geschichte:
- Artikel zu Nickel List in der Sächsischen Biografie
- Literatur über Nickel List in der Sächsischen Bibliografie
Die Biografie des Monats Mai 2024 wurde von Gustaf Traut im Rahmen seines Schulpraktikums am ISGV recherchiert und verfasst.